Mulesing

Warme Wolle, aber nicht um jeden Preis

In der Textilindustrie ist Merinowolle ganz besonders beliebt. Die feine gekräuselte Wollfaser ist sehr weich und isoliert sowohl gegen Kälte als auch Hitze. Sie kratzt nicht, kann Feuchtigkeit aufnehmen und gut wieder abgeben, ist geruchsneutral – und sie ist hautfreundlich und biologisch abbaubar.
Aber Wolle ist nicht gleich Wolle. Fast 90 Prozent der Merinowolle, die weltweit verarbeitet wird, stammt aus Australien – von über 70 Millionen Schafen. Die Tiere sind so gezüchtet, dass ihre Haut besonders faltig ist und sie deshalb rund dreimal so viel Wolle wie ein normales Wollschaf produzieren können. In Australien gibt es eine Fliegenart, die ihre Maden in die Hautfalten der Schafe legen – und zwar genau dort, wo es schön warm und schmutzig und deshalb für Fliegen ein prächtiger Habitat ist: am Hinterteil in der Nähe des Afters. Das kann zu Myiasis oder auch Fliegenmadenkrankheit führen: Die Maden fressen sich unter die Haut der Merinoschafe, die daran sterben können.

Mulesing: umstrittene Praxis

Schafsbesitzer reagieren darauf, indem sie ihren Tieren einen Fleischlappen am Hinterteil wegschneiden – in der Regel ohne Betäubung und ohne Schmerzmittel. Oft zeigen die Tiere noch mehrere Tage danach deutliche Stress- und Schmerzreaktionen. Die glatte Narbe, die dort entsteht, soll vor dem Fliegenbefall schützen. Diese Methode, genannt Mulesing, wird an Lämmern angewandt, noch vor ihrem ersten Lebensjahr. Die Praxis wird kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite setzt sich die Tierrechtsorganisation PETA seit Jahren gegen das in ihren Augen grausame Verfahren ein, auf der anderen Seite argumentieren die Farmer damit, dass das sogenannte Mulesing viele Schafe vor dem Verenden durch die Myiasis schützt. In Neuseeland, wo die Wollindustrie ein wichtiger Faktor ist, ist Mulesing seit 2018 verboten. Auch in Deutschland gilt ein generelles Verbot.

Glückliche Schafe

Wenn du sichergehen willst, dass für deine Wollkleidung kein Schaf mulesiert wurde, kannst du auf folgende Siegel achten:
Garn aus kontrolliert biologischer Tierhaltung oder GOTS-zertifizierte Wolle sowie solche, die mit dem Responsible Wool Standard (RWS) zertifiziert ist, ist garantiert Mulesing-frei und achtet auf das Tierwohl.
In Deutschland kannst du auch auf Wolle von Bioland-Schäfereien zurückgreifen.
Sei engagiert und frage bei den Herstellern nach, unter welchen Bedingungen die Schafe leben, deren Wolle für dich weiterverarbeitet wird.