WEGWERFMODE: INTERVIEW MIT ALF-TOBIAS ZAHN

2016 hat Fairtrade zusätzlich zu seinem Label „Fairtrade Certified Cotton“ einen neuen Textilstandard veröffentlicht, der die ganze Lieferkette umfasst. Die Kriterien umfassen faire Arbeitsbedingungen und Arbeitsrechte und der Standard definiert einen festen Zeitrahmen, innerhalb dessen existenzsichernde Löhne erreicht werden sollen. Auch grundlegende ökologische Anforderungen gehören zum Kriterien-Set.

avocadostore.de: Warum hast du Wegwerf-Mode so satt?

Alf-Tobias Zahn: Seit ich mich intensiver damit auseinandersetze, woher die Kleidung stammt, die ich jeden Tag auf meiner Haut trage, kann ich konventionelle Mode und damit auch Fast Fashion nicht mehr kaufen. Alles, was diese Industrie ausmacht, widerstrebt mir: Billige Klamotten, die mit minderwertigen Materialien in zumeist unwürdigen Rahmenbedingungen von Menschen produziert werden, die trotz Überstunden vom gezahlten Lohn kaum leben können – das möchte ich nicht kaufen und besitzen. Ich will vielmehr wissen, wer meine Kleidung hergestellt hat, aus welchen Materialien sie gefertigt wurde und ob es den Menschen, die daran beteiligt waren, dabei gut ging.

Modetrends sind oft sehr kurzlebig. Wie gelingt es, sich stylisch und modern zu kleiden – ohne ständig neue Sachen shoppen zu müssen?

In den Jahren 2000 bis 2016 hat sich die Menge der Textilproduktion weltweit verdoppelt – 2014 durchbrach sie die Schwelle von 100 Milliarden Kleidungsstücken. Es gibt demnach bereits jetzt unfassbar viele Textilien auf dem Markt. Wer sich also stylisch kleiden möchte, kann problemlos auf Secondhand und Vintage-Kleidung zurückgreifen.

Wenn es denn doch etwas Neues sein soll: Worauf sollte man beim Kauf achten?

Das neue Kleidungsstück sollte zu einem passen und den eigenen Kleiderschrank gut ergänzen. Toll sind doch neue Sachen, wenn sie sich mit vielen „alten“ Lieblingssachen kombinieren lassen. Beim Kauf sollten wir darauf achten, dass es Fair & Eco Fashion ist, sprich: Es gibt Siegel und Zertifikate, die den Konsumenten klar aufzeigen, dass sie ein gutes Kleidungsstück in der Hand halten.

Welche drei Textil-Siegel findest du am wichtigsten und warum?

Das Siegel des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft – IVN Best – ist das ökologisch strengste Siegel am Markt. Es reguliert die gesamte textile Kette vom Anbau der Fasern bis zum Endprodukt. Die dabei angesetzten Chemikalien-Grenzwerte orientieren sich an denen des Global Organic Textile Standard (GOTS), der IVN Best ist aber noch strenger bei Material- und Sozialstandards.

Bei „Cradle to Cradle“ steht der Kreislaufgedanke im Vordergrund. Die Produkte sollen „von der Wiege zur Wiege“ geführt werden. So entsteht kein Abfall. Die Produkte bewertet das „Cradle to Cradle Products Innovation Institute“ nach fünf Kategorien: Materialgesundheit und -wiederverwendung, erneuerbare Energien, soziale Fairness und Wasser-Stewardship. Damit gelten „Cradle to Cradle“-Produkte als besonders umweltsicher, gesundheitlich unbedenklich und kreislauffähig.

2016 hat Fairtrade zusätzlich zu seinem Label „Fairtrade Certified Cotton“ einen neuen Textilstandard veröffentlicht, der die ganze Lieferkette umfasst. Die Kriterien umfassen faire Arbeitsbedingungen und Arbeitsrechte und der Standard definiert einen festen Zeitrahmen, innerhalb dessen existenzsichernde Löhne erreicht werden sollen. Auch grundlegende ökologische Anforderungen gehören zum Kriterien-Set.

Welche Tipps gibst du Leuten, die sich dazu entschließen, sich ab jetzt nachhaltig zu kleiden?

Als Erstes: Herzlichen Glückwunsch zu einer rundum guten Entscheidung! Meine Tipps: Kennt euren Kleiderschrank gut, trennt euch auch mal von Klamotten und habt Spaß daran, euren eigenen Stil aus einer Variation aus Secondhand, Vintage und Fair Fashion Pieces zusammenzustellen.

Danke für das Interview!

Wer noch mehr über das Thema wissen möchte: Gerade ist das neue Buch „Einfach anziehend. Der Guide für alle, die Wegwerfmode satt haben“ von Alf-Tobias Zahn und der Grüne-Mode-Expertin Kirsten Brodde erschienen (OEKOM Verlag, ca. 15 Euro).